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2007/08 CATERINA MICKSCHIconIconIconIconIcon


Gretchen

21 Piezo-Pigmentprints auf Hahnenmühle Photo Rag, gerahmt, je 40 cm x 50 cm

2006/2007, Lette Verein Berlin / Heike Ollertz, Achim Roschner, Sabine Schründer

 

Am Anfang stand ich fassungslos vom dem Fall der neun toten Babyleichen, die in einem Dorf bei Frankfurt/Oder in den unterschiedlichsten, in diesem Zusammenhang absurden Gefäßen aufgefunden worden waren. Noch fassungsloser stimmten mich die beinah unzähligen weiteren Fälle, auf die ich nach gerade erst begonnener Recherche stieß. Später bekam das Phänomen, sein eigenes Kind innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt zu töten, einen Namen: Neonatizid. Ein klinischer Begriff, der etwas beschreibt, was unvorstellbar ist und über das es bisher nur wenige Untersuchungen gibt.

Viele Frauen scheinen aus Angst zu handeln, Angst vor dem Partner, den Eltern, Freunden, vor der Zukunft. Was Intellekt, Herkunft und Einkommen betrifft, existiert kein eindeutiges Täterprofil. Oft sind die Frauen nett, unauffällig und ihren vor- und nachher geborenen Kindern eine liebende Mutter. Der Schlüssel scheint, wie so oft, die Psyche zu sein. Vorgänge die nur schwer nachvollziehbar, aber letztendlich doch vorstellbar sind.

Die "grausame Hexe, die böse Mutter", wie ich es so oft in Internetforen las, ist vielleicht auch oft ein Stück unschuldiges Gretchen. Das Gretchen Goethes, welches aus Verzweiflung, "im Wahn", ihr Neugeborenes tötete. Vorbild war ihm der reale Fall der Susanna Margaretha Brandt, die von einem Reisenden geschwängert, ihr Baby im Jahre 1771 tötete und daraufhin zum Tode verurteilt wurde.

In meiner Arbeit habe ich alle mir bekannten Fundorte des Jahres 2006 nachgestellt. Jedes Bild beruht auf einem wahren Fall, dem ich mich unter anderem durch das Studium von Zeitungs- und Polizeiberichten genähert habe. Die Inszenierungen ermöglichen zum einen ein genaues Verweilen bei jedem einzelnen Fall und lassen vorsichtige Rückschlüsse auf die Täterinnen und deren Motive zu. Zum anderen zeigen sie auch, dass es mir nicht um den einen Ort, sondern um den Typ eines Ortes ging, was wiederum unterstreicht, dass Neugeborenentötungen letztendlich beinahe überall vorkommen können.