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2005/06 KATHI SCHRÖDERIconIconIconIconIcon


Die Suche nach Stiller

Papier (verwobene Fotokopien) auf Leinwand, 270 cm x 125 cm

2005, Fachhochschule Bielefeld / Professor Jochen Geilen

 

Ausgangspunkt meiner Arbeit ist der Roman "Stiller", in dem Max Frisch eine innere psychische Situation, nämlich die Flucht vor sich selbst, die Verdrängung, und den Versuch diese Flucht wieder rückgängig zu machen, als eine äußere Situation darstellt. Es ist die Darstellung eines Ichzerfalls und zugleich der Versuch der Wiederherstellung; der Heilung durch Selbstsuche.

Stiller begibt sich in einem zwangsmäßigen Zustand des Innehaltens auf die retrospektive Suche nach seiner von ihm verleugneten und unbekannten Wahrheit. Diese Wahrheit ist nicht klar, eindeutig, sie befindet sich in permanenter Bewegung und Veränderung und hat viel mit gedanklichem Chaos zu tun, da die Suche immer wieder durch verschiedene Mechanismen der Abwehr behindert wird. (Gleichzeitigkeit von Suche und Flucht). Sie erfordert Umwege und macht ein lineares Erzählen unmöglich. Eine Vielzahl von Geschichten wird somit notwendig, um ein Bild von Stiller zu entwerfen, das sich der vollen und ganzen Wahrheit, seiner subjektiven Identität nähert. ›Die Wirklichkeit einer Person kann am besten gezeigt werden, indem sie als weißer Fleck erscheint, umrissen durch die Summe der Fiktionen, die dieser Person möglich sind.‹ Die Suche ergibt ein Labyrinth aus Fragmenten von Erinnerungen, Wünschen, Sehnsüchten, Ängsten und Fantasien, die aus verschiedenen Perspektiven zusammengefasst werden; sie ist ein ›unablässiger Versuch zu enthüllen und doch zu verdecken, Alternativen zu bedenken und doch nicht zu leben, Auswege zu ahnen und sie doch nicht zu suchen‹; ein Muster aus Zerstörung und Neuaufbau, verwerfen und wieder aufnehmen in einer neuen Form.

Dieses Zusammenspiel, die Gleichzeitigkeit der vielen einzelnen Splitter, die Gesamtheit der Möglichkeiten ist entscheidend. Es ist ein Prozess, ein Vorgang, ein Strom, das Spiel der freien Assoziation (uferlos, gestaltlos, chaotisch) auf dem Weg zur möglichen Vollendung. Worauf es ankommt ist die Wechselwirkung der einzelnen Bauteile. ›Was wichtig ist: das Unsagbare, das weiße zwischen den Worten, und immer reden diese Worte von den Nebensachen, die wir eigentlich nicht meinen. Unser Anliegen, das Eigentliche lässt sich bestenfalls umschreiben und das heisst ganz wörtlich; man schreibt darum herum. Man umstellt es. Man gibt Aussagen, die nie unser eigentliches Erlebnis enthalten, das Unsagbare bleibt; sie können es nur umgrenzen, möglichst nahe und genau, und das eigentliche, das Unsagbare erscheint bestenfalls als Spannung zwischen den Aussagen.‹

Die Wirklichkeit einer Person bleibt eine Ahnung, sie ist da, ist aber nie ganz zu fassen, sie befindet sich in permanenter Entwicklung; eine Art endlose Baustelle …