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gute aussichten 2020/2021: Bis 22.8.2021 im Landesmuseum Koblenz
Josefine Raab eröffnet im Juni gute aussichten 2020/2021 in Koblenz
Die neunköpfige Jury im Oktober 2020 in den Deichtorhallen Hamburg
gute aussichten Preisträger*innen und Freunde im Juni 2021 in Koblenz...
...und im Februar 2021 im Künstlerhaus Dortmund beim Ausstellungsaufbau
Die Preistägerin Jana Ritchie im Künstlerhaus Dortmund bei der Arbeit
Eingang zur Ausstellung gute aussichten 2020/2021 im Künstlerhaus Dortmund
Leon Billerbecks Arbeit "Artax/Artaraxia" wird in Koblenz bewundert
Josefine Raab präsentiert den neuen gute aussichten 2020/2021 Katalog
gute aussichten 2020/2021 Katalog, streng limitierte Auflage, 20,- E.

Im 17. Jahr von gute aussichten wählte die Jury sieben Arbeiten aus: Schön, Schäbig, Schwankend

gute aussichten – junge deutsche fotografie // - new german photography 2020/2021 – die 8 Preisträger*innen und ihre 7 ausgezeichnete Arbeiten bewegen sich zwischen Schönem, Schäbigem und Schwankendem

Im 17. Jahr von gute aussichten wählte die Jury aus 71 gültigen Einreichungen von 32 Hochschulen acht Preisträger*innen und sieben Werke aus: Das Schöne, Schäbige, Schwankende ist der rote Faden – der nicht vorgegeben oder gesucht wurde – sich aber offenbarte und die 7 Werke der 8 Preisträger*innen miteinander verknüpft.

 

"Das Schöne, Schäbige, Schwankende", nach Brigitte Kronauers (1949–2019) gleichnamigem Buch, ist den Werken der aktuellen Preisträger*innen inhärent. In Kronauers "Romangeschichten", wie die sprachmächtige Autorin ihre Publikation titulierte, entwarf diese einen schillernden Reigen literarischer Portraits einzelner Individuen: Schöne, Schäbige, Schwankende, die drei Entwicklungsstufen zu durchlaufen hätten.

 

Nun wissen wir, dass der Mensch als solcher all diese Eigenschaften – das Schöne, Schäbige, Schwankende – in unterschiedlichen Nuancen und Potenzen in sich birgt. Es ist immer nur die Frage, welche zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Gegebenheiten die Oberhand gewinnen. Beleuchten die gute aussichten Preisträger*innen 2020/2021 Wirklichkeitssplitter politischer, privater oder sozialer Natur, so nisten in ihren Figuren und Themen die beschriebenen Entwicklungsstufen in allen denkbaren Schattierungen. Analog zu Brigitte Kronauers literarischem Werk rücken sie den Menschen als Individuum in den Fokus ihrer Betrachtungen, zeigen Missstände auf, beziehen Stellung, reflektieren die eigene Bezüglichkeit – zu der Welt, in der sie leben, zu den Menschen ihrer nächsten Umgebung oder zu jenen, die in Not sind.

 

Die Einreichungen & die Jury

71 gültige Einreichungen aus 32 Institutionen erreichten uns für den Wettbewerb gute aussichten – junge deutsche fotografie // - new german photography 2020/2021. In diesem Jahr bestand die Jury, Ladies first, aus: Josefine Raab, der Initiatorin von gute aussichten, Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin (Neustadt/W.), Dr. Wibke von Bonin, Kunsthistorikerin und Kulturjournalistin (Köln), Nadja Bournonville, Künstlerin, Fotografin und gute aussichten Preisträgerin 2013/2014 (Berlin), der Bildliebhaberin und Bildchefin der ZEIT Amélie Schneider (Hamburg), Frauke Schnoor, Bildchefin des Magazins ZEITCampus, Stefan Becht, freier Journalist und Mitbegründer von gute aussichten sowie Ingo Taubhorn, Kurator am Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg. Die künstlerische Position in der Jury wurde von dem renommierten, international tätigen Künstler und Fotografen Bernhard Prinz (Hamburg) wahrgenommen.

 

Die 8 gute aussichten 2020/2021 Preisträger*innen und ihre 7 ausgezeichneten Werke

 

Sophie Allerding (HAW Hamburg) lockt uns in Leuchtende Augen in fremdes Terrain. Die Geschichten ihrer Kindheit im Ohr, kreiert die Fotografin geheimnisvoll leuchtende Bilder, von denen nur einige Wenige Hinweise darauf geben, aus welchem Winkel der Erde diese Geschichten stammen könnten. Indem Sophie Allerding narrative mit performativen Elementen verquickt, erschafft sie ein wunderbar poetisches Spiel aus Figuren und Formen, in welchem sie die Bezüglichkeit und den Umgang von Menschen eines anderen Kulturkreises mit der Natur bezaubernd inszeniert.

 

Den Raum in seiner Gänze bespielt Leon Billerbeck (Bauhaus Universität Weimar) mit Ataxia/Ataraxia. Fragile Papier-Objekte an der Wand oder von der Decke herab fließenden, auf dem Boden mäandernden Bilderbahnen, eine Klanginstallation und Videos auf Bildschirmen – Formenvielfalt wie ausgebreitete Fülle der Materialien sind fulminant. So komponiert Leon Billerbeck aus Bild-, Film- und Tonaufnahmen, aus Fotografien, Kopien, Lyrics, Sprache und Zeichnungen ein eigenes Universum. "Ataxia/Ataraxia" ist die künstlerische Transformierung der fortschreitenden neurodegenerativen Erkrankung des Vaters, Frank Billerbeck, mit allen persönlichen, privaten, sozialen Äußerungen und Implikationen

 

Ein feines Gespür für soziale Situationen begegnet uns in Familie Ritchie. Jana Ritchie (HGB Leipzig), die Älteste von drei Schwestern, zeichnet mit ihren Kameras eine anschauliche Sozialstudie ihrer eigenen Familie, die sich rasch als reiner Frauenhaushalt entpuppt: Mutter Swenja umringt von Ina, Lilli und Jana, der Fotografin. Swenja tritt als alleinerziehende Mutter, und, bereits alleine deswegen, als emanzipierte Frau ins Bild – gehört doch zum tradierten Idealbild nach wie vor ein Mann und Vater. Aus der Makroperspektive ist Familie Ritchie ein selbstbewusster Gegenentwurf zu tradierten Familienkonstellationen. In der Mikrostruktur entfaltet sich in 12 Familien- und 32 Einzelportraits ein differenziertes Psychogramm aller Beteiligten. Angelegt als Langzeitstudie wird Familie Ritchie zu einem Archiv, einem familiären Gedächtnis, in das der jeweilige Status quo fortlaufend eingeschrieben und als potentieller Zeitspeicher jederzeit wieder abgerufen und gelesen werden kann.

 

Conrad Veit (HBK Braunschweig) entwirft in seinem Film Blastogenese X ein Szenario, das neben tradierten auch biologische Geschlechterzuschreibungen über Bord wirft. In einer endzeitlichen Landschaft setzen Veit und dessen Mitstreiterin Charlotte Maria Kätzl ubiquitäre Naturgesetze in Szene: Balzverhalten, Zeugung, Geburt, Brutpflege und Raubverhalten. Aufgeführt als beeindruckende Performance erleben wir fabelhafte Mischwesen angesiedelt zwischen Mensch und Tier, was die gegenwärtige Genderdiskussion in eine weitere Dimension katapultiert. Form und Inhalt des episch angelegten Films sind eng verknüpft mit der Ästhetik des orthochromatischen 16mm Schwarz-Weiß-Lichttonfilms. Im perfekten Zusammenspiel aus Kostüm, Landschaft, Performance und Materialität entsteht wahrlich phantastisches Kino – ein cinematographischer Illusionsraum par excellence.

 

Eine harte, schmerzhafte Landung in die Realität vollzieht Robin Hinsch (HAW Hamburg). In WAHALA führt er uns an Brennpunkte der Ausbeutung fossiler Brennstoffe auf der Welt. Bilder aberwitzigen Raubbaus, apokalyptisch wie Dantes Inferno, von einer atemberaubenden, überwältigenden Ästhetik. Es ist jene wohl kalkulierte Verbindung zwischen abscheulich und schön, die uns bezwingt. Ein Kniff, den auch der kanadische Fotograf Edward Burtynsky (*1955) in seinen großformatigen Industrielandschaften mit Vorliebe anwendet. Aufnahmen dieser Art müssen gesehen und vor allem gehört werden. Denn was weltweit unaufhörlich an solchen Orten geschieht, ist ein empörender Raubbau im Namen des ungehinderten Weiter-Wachsens ruinöser Wirtschafts-Systeme. Mehr noch: Es ist Gewalt an Menschen, die in keiner Weise an diesen Reichtümern partizipieren. Dergestalt ist WAHALA ein Höllenritt, der gewiss und für niemanden im Paradies enden wird.

 

In The Evidence of Jahalin nehmen Tina Schmidt und Kerry Steen (FH Bielefeld) die Spur der Jahalin-Beduinen in der Khan-al- Ahmar School Community, einem Beduinendorf, inmitten des Gebiets C der Westbank auf. Das Dorf ist auf keiner Karte verzeichnet, die Bewohner demographisch nirgends erfasst. Von Räumung und Vertreibung durch die israelische Regierung bedroht, deren Verwaltung diese, in ihren Augen illegalen, Siedlungen am liebsten stillschweigend unter ihren Bulldozern sterben lassen möchte, kämpfen die Jahalin-Beduinen um Anerkennung und Bleiberecht. Die seit der Staatsgründung Israels im Jahre 1948 verworrene Lage hat sich nach mehreren Kriegen, anhaltenden Gebietsstreitigkeiten, der Errichtung von israelischen Siedlungen in von Palästinensern beanspruchten Gebieten und wachsender Gewalt auf allen Seiten immer weiter angespannt. Tina Schmidt und Kerry Steen treten in ihrem multimedial angelegten, fortlaufenden Archiv aus Bild-, Film- und Textmaterial den Anspruch an, diesen Menschen und ihren berechtigten, politisch aber extrem umstrittenen Anliegen, Gehör zu verschaffen.

 

Konstantin Weber (Freie Kunstakademie Mannheim) befragt in squares die Fotografie als Bestandteil eines expandierenden Medienkomplexes in Bezug auf autonome bilderzeugende Praktiken. Indem er bildgenerierende, KI-gestützte Softwareprogramme benutzt oder umtrainiert, vermittelt er uns einen Eindruck dessen, wie kreativ neue Technologien künftig zur Bilderzeugung in allen denkbaren Kontexten eingesetzt werden können. So vervollständigte ein Programm selbstständig, ausgehend von der kleinsten steuerbaren digitalen Einheit, einem Pixel, ein Bild. Angesichts einer nächsten Generation technischer Bilder sind wir also bereits mitten in einem neuerlichen Diskurs über Original, Autoren- und Urheberschaft. Webers Werkliste liest sich wie die Sammlung von Ingredienzen eines Zauberlehrlings, der uns via Gesichts- und Objekterkennungssoftware höchst überraschende Gerichte zubereiten wird. Ein erstes Menue haben wir mit squares bereits auf dem Tisch.

 

Summa summarum präsentiert gute aussichten – junge deutsche fotografie // new german photography 2020/2021 über 130 Fotografien 10 Videos, 7 Klang- und Sound-Installationen, 5 skulpturale Objekte, 4 Smartphones mit Gesichtserkennungs Software, 4 Publikationen, 2 Soundfiles mit Bild-zu-Text-KIs, 1 16 mm Film, 1 Plastiktüte mir fotografischen Fragmenten und 1 webbasierte QR-Code Applikation.

 

Die Arbeiten bieten eine inhaltliche, ästhetische und mediale Bandbreite, wie sie die jungen Fotograf*innen in Deutschland hervorbringen. Ein überraschend offenes Spektrum vielfältiger Ideen, fotografischer Strategien und formaler wie medialer Umsetzungen, die den aktuellen Status Quo der jungen Fotografie widergeben.

 

Weitere Informationen über die 8 Preisträger*innen und ihre 7 Werke finden Sie in unserem feinen Katalog, auf der gute aussichten Jahrgang 2021 Website und hier unter ARBEITEN ----> Top 8.

 

Der Katalog

Zu gute aussichten – junge deutsche fotografie // - new german photography 2020/2021 ist der gleichnamige Katalog (Deutsch/Englisch) erschienen. Er stellt die acht Preisträger und ihre sieben Arbeiten ausführlich in Wort und Bild vor. Der Katalog ist in allen Ausstellungshäusern oder direkt über uns, hier info(at)guteaussichten.org erhältlich. Streng limitierte Auflage von 330 Exemplaren, Deutsch/Englisch, 216 Seiten, 360 Abbildungen, praktisches Readerformat 17 cm x 24 cm, gebunden, broschiert, Softcover, 20,- Euro - first come - first serve!

Weitere Informationen und eine ausführliche, kostenlose Leseprobe des Kataloges gibt es hier.

 

Die Ausstellungen

Die Auftakt-Ausstellung von gute aussichten – junge deutsche fotografie // new german photography 2020/2021 fand am 19. Februar 2021 im Künstlerhaus Dortmund coronabedingt digital statt. Hier finden Sie den digitalen Rundgang durch die gute aussichten 2020/2021 Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund mit Pit Schmieder.

Aktuell ist gute aussichten 2020/2021 bis 22. August 2021 im Landesmuseum Koblenz, Festung Ehrenbreitstein zu Gast. Ab Oktober 2021 ist eine Präsentation im Goethe Institut Vietnam geplant und ab dem 21. Januar 2022 wird die Ausstellung im Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg zu sehen sein.

 

Weitere Ausstellungsstationen und alle aktuellen Termine finden Sie asap auf unserer Website unter AUSSTELLUNGEN und auf dem gute aussichten Blog

 

Eine Auswahl druckfähiger Fotografien der gute aussichten 2020/2021 Arbeiten und der Jury steht Ihnen im PRESSEKIT zur Verfügung.