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Josefine Raab, die Erfinderin und Initatorin von "gute aussichten - junge deutsche fotografie"
Wenn das nicht irgendwo in einem Kölner Hinterhof wäre, könnten wir denken, die erste "gute aussichten"- Jury hätte 2004 in Stammheim getagt: Mario Lombardo, Josefine Raab, Andreas Gursky (v.l.n.r.) in einer Jurierungspause

Die Idee: Gross denken - klein anfangen

Josefine Raab, Erfinderin und Initiatorin von "gute aussichten" im Sommer 2004 über das Projekt.

Bereits in früheren Projekten wie ›Hot Spots – Zeitgenössische amerikanische Fotografie‹ (1998) oder ›Dem Engel auf der Spur – Übergangsphänomene in Fotografie und Film‹, das Studenten der Fachhochschule Bielefeld zusammen mit bereits arrivierten Künstlern vorstellte (2002), wollten wir noch unbekannte Fotografen dabei unterstützen, ihren Weg in die Öffentlichkeit und in den Kunstbetrieb zu finden.

Das Arbeiten mit jungen Künstlern auch in anderen Ausstellungen für den Kunstverein Wiesbaden, das erklärte Ziel des dortigen Vorstandes, den künstlerischen Nachwuchs zu fördern, und nicht zuletzt mein langjähriges Zusammenleben mit einem Künstler haben immer wieder das Nachdenken und die Gespräche über eine sinnvolle und öffentlichkeitswirksame Unterstützung junger Kunst kreisen lassen. Dabei mangelt es weniger an öffentlicher oder privater Förderung, nicht an Initiativen seitens der Ausbildungsstätten oder der Studenten, sondern eher an einem umfassenden und nachhaltigen Konzept, das unterschiedliche Anliegen kommuniziert und miteinander verbindet.

Vor diesem Hintergrund begann meine Vorstellung allmählich über ein reines Ausstellungskonzept hinaus zu wachsen. ›Groß denken – klein anfangen‹ war die Devise, aus der schließlich die Idee zu einem bundesweiten Hochschulwettbewerb für Fotografie erwuchs. Der Abschluss eines Studiums, immer noch – oder gerade jetzt unter ›verschärften‹ Bedingungen – eine Zäsur und der Einstieg ins ›richtige Leben‹, erschien als geeigneter Zeitpunkt, das zeigen zu können, was an kreativem Potenzial in jungen Menschen steckt, bevor es möglicherweise in den Anforderungen des Alltags versickert. Sie genau dann in eine breite Öffentlichkeit zu tragen, unterstützt ihre eigenen Bemühungen in jenem Moment, in dem sie selbst ihre Brücken schlagen müssen.

Darüber hinaus, ein weiteres Anliegen von ›gute aussichten‹, eröffnet ein solcher Wettbewerb den Ausbildungsstätten die Möglichkeit, die öffentliche Wahrnehmung in einer Zeit der vehement geführten Debatten um mehr Leistung und Wettbewerb im Hochschulbereich verstärkt auf die Qualität der Lehre zu lenken. ›gute aussichten‹ ist, wie jede andere Ausstellung auch, ein Angebot an den interessierten Besucher und den gern gesehenen Flaneur. ›gute aussichten‹ wendet sich aber auch an all jene, die mit Fotografie professionell, aus purer Leidenschaft, oder auch beidem zu tun haben: An Galerien und Museen, Redaktionen, Verlage, Agenturen, Art-Buyer, an Sammler und an alle, die es werden wollen.

Um das zu erreichen, wird ›gute aussichten‹, dank zahlreicher helfender Hände und Köpfe, in den unterschiedlichsten Medien kommuniziert: Die ersten beiden Ausstellungen in Wiesbaden und Hamburg, eine eigens eingerichtete Website, die als Informationsplattform und als wachsendes Archiv funktioniert, die aktuelle Spezial-Beilage in SPEX, die auch während der Ausstellungen erhältlich ist und an die Hochschulen verteilt wird, und schließlich ein Katalog-Buch.

Zum Wettbewerb 2004/2005 wurden 60 Abschlussarbeiten von insgesamt 22 Hochschulen und Akademien eingereicht. Die auf Anhieb große Resonanz hat alle überrascht und in der Überzeugung bestätigt, dass ›gute aussichten‹ die richtige Idee zur richtigen Zeit ist. Ausgewählt wurden schließlich – von dem international renommierten Fotografen Andreas Gursky, Mario Lombardo (SPEX, Art Director) und mir – zehn Teilnehmer mit insgesamt 119 Einzelarbeiten. Die Diskussion in der Jury war durchaus kontrovers und wurde solange geführt, bis wir zu einem mehrheitlichen Ergebnis gekommen waren. Die ausgewählten Arbeiten demonstrieren sehr unterschiedliche ästhetische, formale und konzeptionelle Ansätze und bieten eine überraschende Zusammenschau über das, was an junger Fotografie an den Ausbildungsorten in den letzten 12 Monaten in Deutschland entstanden ist. Alle Beiträge zeichnen sich mehr durch die Intensität im Detail, durch eine gewisse ›Stille‹ der Bilder als durch große Gesten oder schockierende Themen aus.

Zahlreiche kleine Schritte von vielen Menschen haben zu einem erfolgreichen Beginn von ›gute aussichten‹ beigetragen: Angefangen mit den Gesprächen und Überlegungen im engsten Kreis, des organisatorischen Starts des Projektes im Januar 2004, der Logo-Entwicklung durch Andreas Lauhoff von 3deluxe Wiesbaden, der vorbehaltlosen Begeisterung des SPEX-Teams, allen voran Uwe Viehmann und Mario Lombardo, der Jury-Unterstützung durch Andreas Gursky, der tatkräftigen technischen Unterstützung von f1 online und Akitogo aus Frankfurt, der Webgestaltung durch ›Die Firma‹ in Wiesbaden bis hin zu der Ideen gebenden Kraft und entscheidenden Hilfe von Stefan Becht – um hier nur die Helfer der ›ersten Stunde‹ zu nennen. Allen, die ›gute aussichten‹ unterstützt haben und allen, die mit mir zusammen die Idee weiter vorangebracht haben, sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.

Das Projekt konnte wachsen, weil bereits jetzt ein weit verzweigtes Netzwerk entstanden ist – von Menschen, die diese Idee gut finden und sie, jeder auf seine Weise, weiterentwickeln. Im Sinne der kleinen Schritte hat der nächste Wettbewerb, der von nun an jährlich stattfinden wird, schon einen ersten festen Partner im Haus der Photographie, Deichtorhallen, Hamburg, gefunden.

Allen Studenten, die Arbeiten zu dem Wettbewerb eingereicht haben, wünschen wir für ihren weiteren Weg ein gutes Gelingen. Auch den beteiligten Professoren und Dozenten an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihr Interesse und Engagement und die durchweg positive Resonanz, die ich von vielen bereits im Vorfeld erhalten habe.

Josefine Raab

Initiatorin und Kuratorin von ›gute aussichten‹

E info(at)guteaussichten.org