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gute aussichten 2023/2024: Wir danken der Jury für ihr Engagement und die sorgfältige Auswahl

Mittwoch, April 3rd, 2024


Vordere Reihe v.l.: Christiane Feser, Katrin Seidel, Jewgeni Roppel, Nadine Henrich; hintere Reihe, v.l.: Frauke Schnoor, Michael Wesely, Josefine Raab, Amélie Schneider, Stefan Becht und Kateryna Mishchenko

Sitzend oder stehend – immer voller Einsatz! Wir danken der Jury von gute aussichten – junge deutsche fotografie 20234/2024 für das Engagement und die sorgfältige Auswahl der Preisträger:innen und ihrer Werke, die wir dieser Tage bekannt geben werden.

Mitglieder der Jubiläums-Jury waren: Die Fotografin, Künstlerin und Kompositorin der Partition, Christiane Feser (Frankfurt/M.). Sie besticht seit Jahren durch ihre Werke, die die Zweidimensionalität ihrer Bilder durch verteilte Objekte sprengt. Dem langen Strang der (fotografischen) Zeit ist der Künstler und Fotograf Michael Wesely (Berlin) in seinen Arbeiten auf der Spur und gilt daher auch als „Der Meister des ewigen Augenblicks“. Mit der Autorin, Übersetzerin und Verlegerin Kateryna Mishchenko konnten wir in diesem Jahr „die Stimme der Ukraine“ gebührend zu Wort kommen lassen. Nadine Henrich, Kuratorin am Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg, nahm, wie der Fotograf und gute aussichten Preisträger Jewgeni Roppel, erstmals an der Jury teil.

Mit Katrin Seidel, Kuratorin, Landessammlung zur Geschichte der Fotografie am Landesmuseum Koblenz, Frauke Schnoor, Bildchefin unseres Medien-Partners, des Magazins ZEIT Campus und Autorin (Hamburg) und unserer lieben Mitdenkerin und -bewegerin Amélie Schneider, Leiterin der Bildredaktion der Wochenzeitung DIE ZEIT (Hamburg) nahmen drei langjährige Wegefährtinnen von gute aussichten an der Jury, die von Josefine Raab, der Gründerin und Leiterin des Nachwuchsförderungs-Projektes, moderiert wurde, teil.
Dank nach Frankfurt/Main, Koblenz, Berlin und Hamburg!
Ganz besonders danken wir der Körber-Stiftung Hamburg für das freundliche Hosting der Jurysitzung und die vorbildliche Gastfreundschaft, die uns in ihrem Haus zu Teil wurde.


Vordere Reihe, v.l.: Katrin Seidel, Kateryna Mishchenko, Josefine Raab, Jewgeni Roppel, Stefan Becht; hintere Reihe v.l.: Frauke Schnoor, Michael Wesely, Nadine Henrich, Christiane Feser und Amélie Schneider (Fotos: Jewgeni Roppel)

Ehrengast der gute aussichten 2023/2024 Jury: Die ukrainische Autorin, Übersetzerin und Verlegerin Kateryna Mishchenko

Sonntag, November 12th, 2023


Kateryna Mishchenko (Foto: privat), Autorin, Verlegerin und Übersetzerin, die Stimme der Ukraine, die Worte findet für das Unfassbare, das Unvorstellbare, das Unerzählbare, Worte, die sie mühsam zusammenfügt zu Bruchstücken, Sätzen aus denen Gedanken des Wiedererkennens entstehen, beehrt die gute aussichten 2023/2024 Jury mit ihrer Teilnahme

Nichts greift fundamentaler in unser Leben ein als Krieg. Der herrscht nun seit dem Februar 2022 in der Ukraine, die der brutalen Agression Russlands jeden Tag ausgesetzt ist. Seit dem 24. Februar 2022 gehört Krieg damit endgültig zu unserem Alltag. Aber nur 1400 km von uns entfernt, schon in der ukraininschen Stadt Liwi ist Krieg das Leben der Menschen – jeden Tag. Der kriegerischen Realität, die seit Oktober auch in Israel herrscht, müssen wir den Raum geben, der ihr gebührt.

Kateryna Mishchenko, Spiegel der Seele, Herausgeberin des Buches „Aus dem Nebel des Krieges“: „Ich versuche, für mich selbst das auszudrücken, worüber ich schweige. Von nun an ist das Maß meines Lebens der Tod anderer Menschen, von nun an wird es immer eine Kluft geben zwischen denen, die bereit sind, ihr Leben zu lassen, und denen, die dadurch Sicherheit erhalten. Der Genozid an meinen Mitbürgern war das Ergebnis einer Logik, dem abscheuchlichen russischen Staat ein Opfer zu bringen, um mit ihm Geschäfte machen zu können. Und all das ist unverzeihlich.“

Josefine Raab (Foto: Andrea Tejeda K.), die Gründerin und Leiterin von gute aussichten: „Wir zollen den Menschen, die nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Israel, im Gaza ihr Leben im und mit dem Krieg leben und ihr Dasein jeden Augenblick verlieren können, unseren tiefsten Respekt. Wir danken Kateryna Mishchenko, die diesen Menschen nicht nur eine Stimme verleiht, sondern sie auch in unserer Wahrnehmung und unserem Bewusstsein wach hält, für die Teilnahme an der gute aussichten 2023/2024 Jury.“

Kateryna Mishchenko: „In diesem Krieg zu kämpfen, bedeutet unter anderem, sich die gestohlene Sicht und den eigenen Blick auf die Welt zurückzuholen.“

Ausführliche Informationen und die Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs gute aussichten – junge deutsche fotografie 2023/2024 finden Sie auf unserem Einreiche-Portal: https://guteaussichten.onlinecontestmanager.de

Eingeladen zur Teilnahme an gute aussichten 2023/2024 sind alle Absolvent:innen, die ein Studium an einer deutschen Akademie, Hochschule, Universität etc. im Fachbereich Fotografie, Freie Kunst, Gestaltung oder Visuelle Kommunikation im Wintersemester 2022/2023, dem Sommersemster 2023 oder dem Wintersemester 2023/2024 abgeschlossen haben.

Einreiche-Schluss: Montag, 4. Dezember 2023.

gute aussichten 2023/2024: Am Montag, 4. Dezember 2023, in knapp 4 Wochen ist Einreiche-Schluss für den neuen Wettbewerb

Montag, November 6th, 2023

In knapp 4 Wochen, am Montag 4. Dezember 2023 ist Einreiche-Schluss für gute aussichten – junge deutsche fotografie 2023/2024, den inzwischen 20igsten Wettbwerb in Folge.

Frauke Schnoor, Bildchefin des Magazins ZEIT Campus, äusserst aufmerksame Beobachterin und Autorin, u.a. für die gute aussichten Kataloge und ihren Newsletter dots per inch, ist Mitglied der aktuellen gute aussichten Jury (Foto, Detail: Henning Kretschmer)

Ausführliche Informationen und die Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs gute aussichten 2023/2024 finden Sie auf unserem Einreiche-Portal: https://guteaussichten.onlinecontestmanager.de

Erstmal für die Deichtorhallen Hamburg in der Jury: Nadine Isabelle Henrich, die neue Kuratorin am Haus der Photographie (Foto, Detail: Marlen Stahlhut)

Zur Teilnahme an gute aussichten 2023/2024 eingeladen sind alle Absolvent:innen, die ein Studium an einer deutschen Akademie, Hochschule, Universität etc. im Fachbereich Fotografie, Freie Kunst, Gestaltung oder Visuelle Kommunikation im Wintersemester 2022/2023, dem Sommersemster 2023 oder dem Wintersemester 2023/2024 abgeschlossen haben.

Josefine Raab, Gründerin und Leiterin von gute aussichten eröffnet im September 2023 die Ausstellung in der Kunsthalle Pfaffenhofen/Ilm und führt in die Werke der jungen Preisträgerinnen ein

Hier geht es zum Einreiche-Portal:
https://guteaussichten.onlinecontestmanager.de

Fotografie zwischen allen Fronten: The Evidence of Jahalin von Tina Schmidt und Kerry Steen

Sonntag, Februar 27th, 2022

Die Autorin Marina Sammeck (M.A.) reist in ihrem Beitrag zwischen die Fronten eines jahrzehntelangen Konfliktes und rückt The Evidence of Jahalin, das fotografische Projekt der gute aussichten 2020/2021 Preisträgerinnen Tina Schmidt und Kerry Steen in unseren Fokus

„As such, Khan al-Ahmar has become a symbol in the struggle for Area C“
(Dany Tirza, Israeli expert in strategic planning and border security. Washingtoninstitute.org)

Eine Ansammlung von behelfsmäßig errichteten Hütten vor der Kulisse einer israelischen Hochhaussiedlung, dahinter die steinigen Weiten der Wüste. Bilder einfachster Alltagsgegenstände und provisorischer Einrichtung. Bewohner*innen, welche der Kamera still und dennoch entschlossen entgegentreten, als wären die Aufnahmen ihr einziges Existenzzeugnis.


„The Evidence of Jahalin“ ist bis 1. Mai 2022 in der Ausstellung gute aussichten 2020/2021 im PHOXXI in den Deichtorhallen Hamburg zu sehen

Es sind solche zunächst sachlichen und unbefangenen Bilder, mit denen die Fotografinnen Tina Schmidt und Kerry Steen in ihrer prämierten multimedialen Arbeit „The Evidence of Jahalin“ die andauernde humanitäre Notlage des Volkes der Jahalin Beduinen in ihrem Dorf Khan al-Ahmar School Community dokumentieren. Seit dem Sieg Israels im Sechs-Tage Krieg 1967 geriet das seit Jahrhunderten durch die Region ziehende Volk zwischen territoriale Ansprüche der Staaten Israel und Palästina. Das von den Beduinen bevölkerte Gebiet gelangte in den folgenden Jahrzehnten unter Militärrecht in den Besitz des israelischen Staates, der es heute als „Area C“ der Westbank verwaltet. Nach jahrelanger Erhöhung des Drucks auf die als ungebetene Landbesetzer betrachteten Beduinen erfuhr der Streit um die Aufenthaltsrechte der Jahalin 2018 mit der Genehmigung der Räumung der Ansiedlungen durch das höchste israelische Gericht eine kritische Zuspitzung. Abgekoppelt von der Versorgung mit Strom und Wasser und ohne Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sind die Jahalin zudem in einen Stellvertreterkonflikt zwischen Israel und Amerika auf der einen und den europäischen Staaten auf der anderen Seite geraten. Denn die EU sieht in der Umsiedlung der Dörfer eine Gefährdung der von ihnen vertretenen Zwei-Staaten-Lösung. In dieser hochkomplexen Lage leistet das Projekt von Tina Schmidt und Kerry Steen für die Bewohner*innen von Khan-al-Ahmar etwas ganz Grundlegendes: den Beweis ihrer nirgends verzeichneten Existenz.

Wie Forscherinnen in ihr Feld haben sich die beiden Fotografinnen in die von ihnen zu kartierende Umgebung begeben und lebten drei Monate im Dorf Khan al-Ahmar School Community, welches sie zuvor nur als Randerscheinung an einer der großen Schnellstraßen kannten. Anstatt den Anblick der Behausungen wieder zu vergessen, haben Kerry Steen und Tina Schmidt ihr Auslandssemester in Israel dazu genutzt, um ausgerüstet mit der Fotokamera und unterstützt durch Technologien der Geolokalisation das Leben der Menschen umfangreich wie auch behutsam zu erfassen und festzuhalten.


Tina Schmidt und Kerry Steen präsenierten im Juni 2021 im Landesmuseum Koblenz ihr Archiv-Buch „The Evidence of Jahalin“ den Besucher*inn*en der Ausstellung

„The Evidence of Jahalin“ ist als fortlaufendes Archiv in drei Kapitel gegliedert, welche sich entlang der wesentlichen zu dokumentierenden Ortsverhältnisse entwickeln und die systematische Vorgehensweise der Fotografinnen vor Ort spiegeln. „The Evidence of Territory“ verortet das Dorf in seiner Umgebung , „The Evidence of Tribe“ besteht aus Porträts der Bewohner*innen und „The Evidence of Displacement“ bringt ergänzendes gefundenes Material zu der Entstehung der Siedlung und dem seitdem konfliktreichen Hergang mit den Behörden zusammen. Nüchtern, beobachtend, erfassend und ebenso respektvoll und würdig tasten sich die Fotografinnen in ihrem Umfeld vor. Hütten aus Planen und Platten, die einsam vor der Kulisse der sich dahinter erhebenden Wüste stehen, formen trotzt der Armut auch majestätische Bilder. Kühlschränke und Bettenlager im Freien und ein Ventilator auf dem Teppichboden einer Hütte geben einen Eindruck von einem mit rudimentären Mitteln gestalteten Dasein.


Die aktuelle Ausstellungpräsentation in Hamburg von „The Evidence of Jahalin“

Bilder von Jugendlichen Ziegenherden die Straße entlangtreibend und eine Menschenmenge, die sich um einen Nachschub bringender Pritschenwagen versammelt, lassen ein beschwerliches Leben und dennoch einen starken Zusammenhalt der Gemeinschaft erahnen. Und überall Kinder: Eine ganze Schar, die sich um ein Pferd tummelt, in ein Buch vertiefte junge Mädchen sowie drei Kinder, die auf einer Anhöhe über ihrem Dorf im Abendlicht auf die sich unten langschlängelnde Autobahn blicken, als wäre das eigentlich ihr Land. Alles passiert hier scheinbar beiläufig und natürlich, und doch ist jedes Bild besonders. Ortskoordinaten am Bildrand hinterlegen die physische Existenz der Motive geografisch. Kerry Steen und Tina Schmidt liefern auf diese Weise durch ihre nur scheinbar unbeteiligten Bilder eine komplette Erfassung der Präsenz der Dorfbewohner*innen mit all den zugehörigen Aspekten.


Das umfangreiche Archiv-Buch „The Evidence of Jahalin“

Als gemeinschaftliche Form des Aktivismus der Dorfbewohner und der Fotografinnen setzt das dokumentarische Projekt „The Evidence of Jahalin“ weniger bei der etwaigen Machtlosigkeit oder Unselbständigkeit der Gemeinschaft an, sondern bringt vor allem durch Zeugnisse ihres Daseins den Anspruch der Bewohner*innen auf Selbstbestimmung und Repräsentation in den Raum. Mit der Publikation, in der das Projekt veröffentlicht ist, hält man ein Beweismittel in den Händen, dem es nicht in erster Linie um Bewertung, sondern um konkrete Evidenz geht. Kerry Steens und Tina Schmidts Arbeit ist ein Apell für die Achtung der Rechte der Jahalin, dem es erstaunlicherweise gelingt, sich den Spielregeln des unterschwellig geführten Stellvertreterkonflikts zwischen globalen Akteuren um diese Frage zu entziehen. Es ist die eigene, stille Macht der Bilder aus Khan al-Ahmar, welche durch das, was sie zeigen, an die Oberfläche bringen, an was es den Menschen grundlegend mangelt: Perspektiven, Sicherheit und Möglichkeiten, deren Abwesenheit man als Betrachter*in mehr als deutlich spürt. Als Zeuge zwischen den Fronten ist es die Fotografie, die diesen Beitrag eindrücklich leistet.

gute aussichten – junge deutsche fotografie // – new german photography 2020/2021 präsentiert bis 1. Mai 2022 im PHOXXI in den Deichtorhallen Hamburg die 7 ausgezeichneten Werke der 8 Preisträger*inn*en. Hier gehts zum gleichnamigen Katalog und der kostenlosen Leseprobe

Weitere Beiträge unserer Autorin Marina Sammeck bei uns: Das Herz der Finsternis und Kryptowährung? Kryptokunst?